Modernes Gesetz für die Berliner Hochschulen

Modernes Gesetz für die Berliner Hochschulen

Nach langer Vorbereitungszeit und einem beachtlichen Beteiligungsprozess beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus in seiner Sitzung am 2. September 2021 eine Neufassung des Berliner Hochschulgesetzes für einen starken Wissenschaftsstandort und für faire Studien- und Arbeitsbedingungen. “Wir haben ein sehr gutes modernes Gesetz vorgelegt”, so Ina Czyborra in ihrer Plenarrede. “Wir hatten einen guten Senatsentwurf und haben im Parlament noch einige Akzente verstärkt und gesetzt.” Das novellierte Hochschulgesetz sei eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung und die künftigen Hochschulverträge, die in der nächsten Legislaturperiode zur Verhandlung anstehen. Und es sei eine gute Grundlage, “gemeinsam mit den Institutionen der Berliner Wissenschaft eine gute Zukunft in unserer Stadt” zu bauen.

Der Gesetzesbeschluss setzt ein zentrales Vorhaben der rot-rot-grünen Koalition für den Wissenschaftsstandort Berlin um. Mit einer Reihe öffentlicher Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmer*innen fiel bereits 2018 der Startschuss für eine umfangreiche Diskussion mit allen beteiligten Akteur*innen. “Wir haben zahlreiche Veranstaltungen auch hier im Haus durchgeführt, die auf eine große Beteiligung seitens der verschiedenen Gruppen in den Hochschulen getroffen sind. Wir haben es hier mit vielen Menschen zu tun: mit Studierenden, wissenschaftlichem Mittelbau, Professorinnen und Professoren und dem wissenschaftsunterstützenden Personal. Die haben natürlich ihre Vorstellungen von der Zukunft der Hochschulen in Berlin eingebracht”, so Ina Czyborra. Und weiter: “Es gab eine AG Demokratische Hochschule, die sich mit der Frage beschäftigt hat: Wie können wir die Demokratisierung so wichtiger Institutionen noch besser umsetzen? All diese Vorschläge haben wir intensiv in vielen Runden debattiert, unter uns, aber auch in vielen Einzelgesprächen.”

In ihrer Rede stellte sie auch die Inhalte der Novelle vor: “Wir haben viele Erleichterungen für Studierende im Gesetz verankert. Wir haben mehr Freiheit bei der Gestaltung des Studiums verankert. Denn in einer diversen Welt ist es nicht so, dass man nur ganz stromlinienförmig studieren kann. Man muss vernetzt studieren, sich rechts und links umgucken, in verschiedenen Fächern, um so ein eigenes Profil und eine eigene wissenschaftliche Expertise auszubilden, später auch fächerübergreifend forschen und an den Problemlösungen unserer Gesellschaft teilhaben zu können. Wir haben den Bereich Nachhaltigkeit gestärkt. Wir haben ein Recht auf Teilzeitstudium verankert, das sich einfach an die Lebenswirklichkeit vieler Studierender in unserer Stadt anpasst, die neben dem Studium einer Berufstätigkeit nachgehen, vielleicht Kinder oder zu pflegende Angehörige haben oder sich gleichzeitig in verschiedenen Jobs weiterqualifizieren.”

Wichtige Themen sind Gleichstellung und Diverstity, “denn nur divers aufgestellte Hochschulen und Hochschulen, in denen die Potenziale aller, insbesondere auch der Frauen, optimal gefördert und ausgeschöpft werden können, können im Wettbewerb bestehen und ihre volle Wirkung entfalten”, betonte Ina Czyborra. Mit der Novelle wird auch das Promotionsrecht für Hochschulen für angewandte Wissenschaften eingeführt, das es bereits schon in einigen Bundesländern gibt. “Wir haben hier große Aufgaben, auch bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften – bislang auch als Fachhochschulen bekannt –, und wir haben hier Disziplinen, die sich ausbilden und an den Universitäten so nicht vertreten sind. Wir haben den ganzen Bereich der Akademisierung, zum Beispiel der Pflegeberufe, und wir brauchen auch eine vertiefte wissenschaftliche Weiterentwicklung durch Promotionen an diesen Fachhochschule”, erläuterte sie.

Neu ist auch die Einführung des Department-Modells, das sich Fachbereiche und Fächergruppen geben können. Und: “Wir haben jetzt noch einen besonderen Akzent gesetzt im Bereich der guten Arbeit, durch Entfristung nach der Promotion. Wir halten das anders als manche Stimme, die vielleicht in den letzten Tagen der Presse zu entnehmen war, durchaus für einen Wettbewerbsvorteil unserer Hochschulen in Berlin. Denn gute und sichere Karrieremöglichkeiten für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt sollen unsere Hochschulen attraktiv machen und die besten Talente nach Berlin bringen. Das funktioniert besonders durch langfristige Perspektiven.”

Lange war die Innovationsklausel in der Debatte. Dazu Ina Czyborra: “Wir haben – das war auch mir ganz besonders wichtig – mit der Innovationsklausel die Möglichkeit erhalten, dass unsere sehr vielfältige Hochschullandschaft weiterhin Modelle im Bereich Governance entwickeln kann, die ihren Anforderungen am besten entsprechen. Wir haben auch einen Bestandsschutz für die bisherigen Modelle, die erfolgreich sind, denn wir wollen insbesondere jetzt in der Zeit nach der Pandemie nicht, dass sich die Hochschulen über Jahre mit sich selbst beschäftigen müssen.”

Zur Rolle der Hochschulen in unserer Gesellschaft sagte sie: “Sie sind essenziell für die Lösungen der Probleme, vor denen unsere Gesellschaften stehen. Ich nenne nur beispielhaft die Klimafrage. Wir brauchen hier technologische Lösungen. Wir brauchen Wissenschaft und Forschung. Wir brauchen aber auch, was die Studierenden angeht, die in den letzten beiden Jahren schwere Nachteile erlitten haben, flexible Antworten und die ganze Kraft für die Bewältigung der Folgen der Pandemie an den Hochschulen.”

Zum Ende ihrer Rede ging Ina Czyborra auf die Erfolge der SPD in der Wissenschaftspolitik ein, die Wissenschaftssenator Michael Müller und Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach ermöglichten. “Wir stehen zu diesen Erfolgen, wir wollen sie weiter ausbauen”, sagte sie. “Auf Berlin wird aus der ganzen Welt geschaut, mit Respekt, mit Hochachtung, manchmal auch mit etwas Neid. Daher wurde jetzt im Senatsentwurf für den Haushalt der jährliche Aufwuchs von 3,5 Prozent für die Wissenschaft über die nächsten Jahre abgesichert, also viele Millionen zusätzlich für den Wissenschaftsbetrieb. Das ist ganz wichtig, dass die Planungssicherheit und die finanzielle Sicherheit für die nächsten Jahre bestehen bleiben. Wir danken dafür, dass es möglich war, das abzusichern, noch einmal herzlich dem Senat, Michael Müller, dem Finanzsenator.”

Und weiter: “Wir als SPD stehen zur Exzellenz, zur Berlin University Alliance, der BUA, die durch den Erfolg der Berliner Hochschulen in der Exzellenzinitiative ermöglicht wurde, die viele zentrale Herausforderungen unserer Gesellschaft noch besser angehen wird, die auf dem Weg ist, in vielen Bereichen Akzente zu setzen und die eine wesentliche Säule unserer Exzellenz ist. Wichtig ist uns aber auch die Einstein Stiftung als ein Element der exzellenten Forschung und des Anwerbens von Wissenschaftlerinnen aus aller Welt, der neuen Forschungsfelder, des Vorangehens zum Beispiel bei der Erforschung von Alternativen zu Tierversuchen, die jetzt ausgebaut wird. Auch hierzu stehen wir, wie auch zum Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit in unserer Stadt.”

Die komplette Plenarrede von Ina Czyborra am 02.09.2021 ist im rbb-Archiv zu finden.BerlHG

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