Das Semesterticket ist gerettet! Aktuellen Stunde im 23. Plenum

Das Semesterticket ist gerettet! Aktuellen Stunde im 23. Plenum

In der aktuellen Stunde des 23. Plenums im Abgeordnetenhaus war heute das in letzter Minute gerettete Semestersticket Thema.

Für die 200.000 Studierenden in Berlin bedeutet der Zuschuss von 75€ für das Sommersemester 2023 eine wichtige finanzielle Unterstützung. Umgerechnet können sie für 19,66€ monatlich den ÖPNV nutzen.  Zugleich bedeutet es, dass ein erfolgreiches Solidarmodel erhalten bleibt, bei dem die Gesamtheit der Studierendenschaft die Mobilitätslösung für alle Studierenden gemeinsam finanziert.

“Berlin hat in den letzten Monaten eine verkehrspolitische Zeitenwende vorangetrieben. Mit dem 29 Euro Ticket werden Berlinerinnen und Berliner finanziell deutlich entlastet und der Zugang zum ÖPNV erleichtert. Berlin ist hier Vorreiter in Deutschland. Dafür erst einmal im Sinne der Zukunft unserer Kinder einen herzlichen Dank an Franziska Giffey und den Senat. 

Und dass das 29 Euro Ticket ein Erfolg ist, sehen wir an den Zahlen. Die BVG vermeldet, die Marke von einer Million Abonnenten geknackt zu haben. Das sind gute Nachrichten, denn wer erst einmal seine Monatskarte hat, der lässt sein Auto auch eher stehen und nutzt Bus und Bahn. Hoffentlich kann dieser Erfolg auch ins neue Jahr mitgenommen werden, wenn der VBB heute die Verlängerung des 29-Euro-Tickets über dieses Jahr hinaus ermöglicht. Und das ist der grundlegende Schritt in der Mobilitätswende und einer klimagerechten Stadt. Wir brauchen auch auf Dauer eine Berliner Lösung für günstige Mobilität unterhalb von 49 Euro bundesweit. Die SPD setzt sich für ein dauerhaftes 29 Euro Ticket ein.

Die andere Erfolgsmeldung ist: Das Semesterticket ist vorerst gerettet. Das ist das Thema und das ist erst mal gut so. Denn das Semesterticket, das bald 20 Jahre alt wird und von einer SPD geführten Verkehrsverwaltung eingeführt wurde, war und ist hoffentlich auch weiterhin eine kolossale Leistung, und zwar vor allem der Studierenden. Seit vielen Jahren machen die etwas, das ganz einzigartig und zukunftsweisend ist. Alle zahlen Semester für Semester ihren Beitrag, um allen die Nutzung des ÖPNV zu ermöglichen. Und zwar bis vor kurzem in Berlin und Brandenburg. Das Semesterticket ist das Paradebeispiel einer erfolgreichen Solidargemeinschaft. Alle zahlen, auch die, die es gar nicht nutzen. Weil sie Fahrrad fahren oder gleich neben der Uni wohnen. Seit Jahren gibt es aber zähe Verhandlungen zwischen den Studierendenschaften und dem VBB. Wenn die Verhandlungen nur zäh wären, wäre es ja noch gut. Über weite Strecken gab es nämlich gar keine ernsten Verhandlungen und auch jetzt wurde wieder ein Zuschuss des Landes mit der heißen Nadel gestrickt, um das Semesterticket in letzter Minute zu retten. Und dies auch erst, nachdem Proteste und Forderungen von uns laut wurden. Das Semesterticket ist doch eine super Stütze unserer ÖPNV-Finanzierung da zahlen jede Menge Leute ein und nutzen es vielleicht gar nicht. Das ist doch sonst als Modell eher von Fitnesscentern bekannt. Warum ist das nicht das absolute Herzensanliegen der Verkehrsverwaltung? Dabei wäre dies politisch doch voll im Sinne derjenigen, die gerne den ÖPNV über eine Kopfpauschale für alle finanzieren wollen. 

Und das ist sozialpolitisch alles andere als unproblematisch. Da zahlen nämlich alle dasselbe, egal wie leistungsstark sie sind. Und die allermeisten Studis sind gar nicht leistungsstark. Es gäbe ja auch reiche Studierende hab ich da gehört. Ja. Und auch sonst gibt es Millionäre, die jetzt für 29 Euro ihren Bentley stehen lassen und ÖPNV fahren können. Ja, so ist das mit der öffentlichen Daseinsvorsorge. In einer gerechten Welt zahlen die reichen Eltern Steuern. In einer gerechten Welt würden diese Studierenden sogar ein elternunabhängiges Voll-BAföG bekommen. Dann wären sie unabhängig und finanziert wird es, na? Über ein gerechtes Steuersystem, aber Schluss mit Träumen, liebe FDP.

Die Realität ist, dass ein Großteil der Studierenden in Armut lebt. 30% aller Studierenden und fast 80% der alleinlebenden Studierenden sind armutsbetroffen, 40% von ihnen leben unter dem Existenzminimum, so ergab es eine Studie im Mai und das waren die Zahlen vor den Krisen. Aktuell, nach der Pandemie und mit der Inflation sind es sicher noch viel, viel mehr.

Eine sozial gerechte und dauerhafte Lösung ist nötig. Ein großer Anteil der Studis hätte wohl Anspruch auf ein vergünstigtes S-Ticket. Sie müssten aber in ein Teilzeitstudium wechseln, was nicht überall geht und was das Studium verlängert oder sie könnten Bafög für einen Ablehnungsbescheid beantragen um danach den Wohngeldantrag stellen zu können. Dieser Verwaltungsaufwand wäre enorm und teuer. Da müssen unkomplizierte Lösungen gefunden werden, v.a. im Hinblick auf das Deutschlandticket. Darüber hinaus wollen wir eine Lösung für günstige Tickets für Azubis, Studierende und Senior*innen finden. Das 29-Euro-Ticket ist Teil unseres Berliner Entlastungspakets und des Nachtragshaushalts.

Wir beobachten gerade massiv einbrechende Bewerbungen um Studienplätze und zwar vor allem auch in Bereichen, in denen wir sie dringend brauchen. Hohe Lebenskosten schrecken junge Menschen ab, ein Studium aufzunehmen. Die zukünftigen Fachkräfte, die wir so dringend brauchen, kommen deutlich weniger nach Berlin. Das ist alarmierend. Das gefährdet die Zukunft dieser Stadt. Und Mobilität – da sind wir wieder – ist ein wesentlicher Kostenfaktor. Das kann natürlich individuell gelöst werden. Aber die Studis haben sich freiwillig entschlossen, das solidarisch zu lösen. 200.000 Studierende zahlen zum größten Teil ein. Nach meiner Überschlagsrechnung bringen sie mindestens 60 Millionen Euro ins System. Und das ist Geld, das im Bafög nicht wirklich drin ist, obwohl wir im Bund gerade für eine Verbesserung beim Bafög gesorgt haben. Das ist Geld für das die allermeisten Studis arbeiten. Neben dem Studium. Und je mehr sie arbeiten für Mobilität und Wohnen und alles andere, desto länger dauert das Studium, desto später werden sie als Lehrkräfte, Hebammen, Verkehrsplaner*innen und vieles mehr dieser Stadt zur Verfügung stehen. Und desto mehr stellt sich die Frage, ob ein langes Studium mit hohen Kosten für einen Beruf, der dann im SAGE Bereich die Kosten eigentlich nicht wirklich einspielt, eine gute Idee ist.

Deutschland ist eines der bildungsmäßig selektierendsten Länder überhaupt und das heißt, wir verlieren Talente. Arbeiterkinder, Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen. Das schadet uns. Studierende, Auszubildende, Freiwillige. Junge Menschen, die wir brauchen und die etwas zum Gemeinwesen beitragen, müssen unter anderem günstig ÖPNV nutzen können. Sie haben in den letzten Jahren übermäßig viele Opfer gebracht und Belastungen getragen. Nun fahren sie im Sommersemester für 19,66 pro Monat und angesichts des 29 € Tickets für alle ist das auch gut so. Aber jetzt brauchen wir nach der Kurzfristlösung in letzter Minute einen Plan für die Zukunft.

Berlin ist Stadt der Wissenschaft – attraktiv für Studierende, Wirtschaft und Startups und wenn sie es bleiben soll, dann müssen wir für diejenigen, die die Grundlage dafür sind auch die Stadt bezahlbar erhalten. Wir bringen Berlin gut und solidarisch durch diese Zeit. Berlin packt das.”

Die gesamte Rede hier im Videostream

 

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