Berlin ist “Sicherer Hafen” und steht zu seinen Zusagen

Berlin ist “Sicherer Hafen” und steht zu seinen Zusagen

Tag für Tag apelliert eine immer gleichlautende Mail an die SPD-Abgeordnete Ina Czyborra, “Ihr politisches Mandat umgehend dafür zu nutzen, sich mit aller Kraft für die Aufnahme der Menschen aus Moria nach Deutschland einzusetzen”. Der Text erinnert an die mehr als 170 Landkreise, Städte und Gemeinden, die die Initiative “Seebrücke – schafft sichere Häfen” unterstützen und bereit stehen, zusätzlich Geflüchtete aufzunehmen. Er kritisiert die Blockadehaltung von Bundesinnenminister Seehofer und die von ihm geforderte europäische Lösung, “die nichts anderes bedeutet, als ein Festhalten an der unmenschlichen Lagerpolitik”. Die verschiedenen Absender der immer gleichen Kampagnen-Mail fordern “Sie als Mitglied des Landtages auf, schöpfen Sie Ihre Möglichkeiten aus, kommen Sie Ihrer Verantwortung nach und wirken Sie auf eine sofortige Aufnahme der Menschen nach Deutschland hin! Setzen Sie sich in der Berliner Landesregierung für ein Landesaufnahmeprogramm ein! Zeigen Sie außerdem der Bundesregierung und besonders dem Bundesinnenministerium, dass ihre Blockade nicht hinnehmbar ist, denn: Wir haben Platz!”

“Ich kann die Sorge um die aktuelle Situation und die Menschen verstehen. Ich kann auch den Appell verstehen. Allerdings machen es sich die Absenderinnen und Absender etwas einfach, eine kopierte unpersönliche Mail zu versenden, die wenig auf die Aktivitäten des Berliner Senats und der Koalitionsfraktionen eingeht”, sagt dazu Ina Czyborra. “Seit Monaten bemüht sich unser Innensenator Geisel mit unserer Unterstützung, auch meiner, im SPD-Landesvorstand und im Parlament und auf allen Ebenen um die Aufnahme von Geflüchteten. Damit hat er sich bei den Ministerkollegen in Bund und Land nicht nur Freunde gemacht. Die angestrebte Bundesratsinitiative wurde blockiert. Andreas Geisel wurde im Tagesspiegel sogar schon als Schatteninnenminister betitelt wegen seines mutigen Engagements. Jemand Besseres könnte Deutschland nicht passieren als Innenminister, hieß es.” Schließlich hat Berlin schon Anfang 2019 seine Aufnahmebereitschaft als “Sicherer Hafen” erklärt und im Juni 2020 eine Landesaufnahmeanordnung für besonders schutzbedürftige Menschen aus den Lagern auf den griechischen Inseln beschlossen.

Die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen haben erneut einen Entschließungsantrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, der am 17. September auch beschlossen worden ist. Damit wird der Bundesinnenminister aufgefordert, die Aufnahme geflüchteter Menschen durch die Bundesländer zu ermöglichen, und unterstützen die Abgeordneten die Forderung des Berliner Senats nach einem Bund-Länder-Gipfel, um eine kurzfristige Aufnahme zu vereinbaren. Der Senat soll weitere Schritte unternehmen, wie erstens die Familienzusammenführung für Geflüchtete aus Moria, die bereits Angehörige in Berlin haben, und zweitens die Aufnahme besonders dringlicher humanitärer Einzelfälle nach § 22 Aufenthaltsgesetz in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und griechischen Hilfsorganisationen sowie NGOs aus Berlin. Die Berliner Aufnahmeanordnung soll dem BMI erneut vorgelegt werden – zusätzlich begründet mit der verschärften humanitären Notlage und der Gefahr für Leib und Leben durch die Corona-Pandemie.

Auf Initiative der SPD im Bund, wird Deutschland nach der Brandkatastrophe von Moria einen Beitrag zur humanitären Hilfe leisten und weitere 1.553 geflüchtete Menschen von den griechischen Inseln aufnehmen. Es geht um Not leidende Kinder mit ihren Familien, die in Griechenland bereits als schutzbedürftig anerkannt wurden. Bereits in der vergangenen Woche hat Deutschland zugesagt, 150 Kinder und Jugendliche aufzunehmen. Im März hatte der Koalitionsausschuss beschlossen, unbegleitete Kinder und kranke Kinder mit ihren Kernfamilien in Deutschland aufzunehmen, das betrifft etwa 1.000 Geflüchtete. Auch dieser Beschluss ist auf Initiative der SPD und gegen den anfangs erheblichen Widerstand der Union zustande gekommen.

“Nicht zuletzt muss die deutsche Ratspräsidentschaft uns ein Ansporn sein, die Bemühungen der EU-Kommission hin zu einer solidarischen und gerechten europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik voran und so weit als möglich zu einem Abschluss zu bringen”, so die beiden SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans in einer Mitteilung an die SPD-Mitglieder. Und weiter: “Der Widerstand beim Koalitionspartner in diesen Fragen ist erheblich. Wir haben uns mit Erfolg dafür eingesetzt, dass unser Land einen eigenständigen Beitrag humanitärer Hilfe leistet und gleichzeitig die Solidarität der europäischen Gemeinschaft nicht aus der Pflicht entlässt. Wir handeln aus der humanitären Verpflichtung für und mit Europa.”

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