Debatte: Recht auf ein gewaltfreies Leben

Debatte: Recht auf ein gewaltfreies Leben

Die Entschließung “Gewalt an Frauen und Mädchen entschlossen entgegentreten” sei ein starkes Signal kurz vor dem alljährlichen Tag gegen Gewalt an Frauen “bei diesem für unsere Gesellschaft wirklich erbärmlichen Thema der Gewalt, der sich täglich Mädchen und Frauen in unserer ach so zivilisierten Welt ausgesetzt sehen”, begründete Ina Czyborra den gleichnamigen Antrag bei der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses am 19. November 2020. Die Gewalt gegen Frauen sei “Ausdruck einer Machokultur, und nicht von Zivilisation”. Häusliche Gewalt sei eben kein Ausrutscher sondern “leider die Spitze des Eisbergs einer immer noch männlichen Gesellschaft, in der man jungen Kolleginnen die Kompetenz abspricht, in der Mann sich vordrängelt, überbrüllt, überstimmt, rücksichtslos die eigenen Interessen durchsetzt. Das passiert nicht irgendwo in den Schmuddelecken dieser Gesellschaft, sondern in Schulen, Hochschulen, Institutionen, im Alltag, im öffentlichen Nahverkehr und in den Büros”.

In ihrer Rede ging sie auch auf die Maßnahmen des Berliner Senats ein: “Seit ich diesem Haus angehöre, haben wir den bis dahin lange stagnierenden Frauenetat massiv angehoben, Frauenhausplätze ausgebaut – und wir bauen weiter aus. Eine als Nothilfe betriebene Unterkunft wird das siebente Frauenhaus, das achte Frauenhaus wird saniert, ein neuntes Frauenhaus steht mittelfristig bereit. Der Ausbau, egal ob in Form von Frauenhäusern, Zufluchtswohnungen oder Zweite-Stufe-Wohnungen, wurde vorangetrieben, ebenso Beratungsinfrastruktur, die Gewaltschutzambulanz, der Kinderschutz. Aber es reicht nie. Mit jedem Schritt wird das zugrunde liegende Elend sichtbarer, und die Zahlen sinken nicht.” Die Notwendigkeit von immer mehr Schutzplätzen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder sei mehr als bedenklich und die Folgen für unsere Gesellschaft wären verheerend. “Die Folgen der Gewalt bleiben lebenslänglich in den Seelen der Betroffenen und hindern diese am Bildungserfolg und an der Teilhabe an der Gesellschaft. Betroffene brauchen schnellstmöglich Hilfe und Schutz. Das hat unsere Senatsverwaltung auch unter schwierigen Pandemiebedingungen sichergestellt und innerhalb von kürzester Zeit Notunterbringungsplätze im notwendigen Umfang geschaffen.”

Ihr Ziel ist klar: “Ich möchte, dass jedes Mädchen, das eine Berliner Schule besucht hat, weiß, dass es das Recht auf ein gewaltfreies Leben und das Recht auf Unterstützung bei familiärer Gewalt hat, und wo es diese Unterstützung finden kann. Ferner möchte ich, dass wir eine offene Mädchenarbeit in der Jugendarbeit haben, intensivieren, viele Angebote schaffen und damit die jungen Mädchen stark machen. Auch nach diesem Tag bleibt also noch sehr viel zu tun, und zwar in vielen Ressorts.”

Die komplette Rede von Ina Czyborra am 19.11.20 ist im rbb-Archiv zu finden.

Mit Blick auf den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November hat die rot-rot-grüne Koalition gemeinsam mit den Fraktionen von CDU und FDP den Entschließungsantrag “Gewalt an Frauen und Mädchen entschlossen entgegentreten” ins Berliner Parlament eingebracht. Auch 2020 ist Gewalt gegen Frauen jeden Alters weltweit eine der am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen. Sie kann überall auftreten: in jedem Land, auf der Straße oder Zuhause. Und sie hat viele Formen, auch solche, die nicht offensichtlich sind: Dazu gehören Stalking und Belästigung ebenso wie häusliche Gewalt und Vergewaltigung, subtile Formen wie Demütigungen, Beleidigungen und Einschüchterungen, jedwede Art der psychischen, physischen und sexuellen Misshandlung.

Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass mehr als 35 Prozent aller Frauen weltweit mindestens einmal im Leben Opfer sexueller oder physischer Gewalt sind. In Deutschland hat jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. In etwa der Hälfte der Fälle ist der Partner für diese Taten verantwortlich.

Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen wird immer am 25. November begangen. Die Vereinten Nationen riefen den Jahrestag nach der Ermordung der drei Schwestern Mirabal 1960 in der Dominikanischen Republik aus, um insbesondere staatliche Akteure an ihre Verantwortung für den Schutz von Mädchen und Frauen zu erinnern.

In Berlin wird traditionell vor Rathäusern und öffentlichen Gebäuden die Anti-Gewalt-Flagge „Berlin sagt Nein zu Gewalt an Frauen” aufgezogen. Auch die Universitäten beteiligen sich mit Workshops, Beratungstagen und social media-Aktionen. Zur Übersicht der Aktivitäten in Berlin, geht es hier.

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